Café Zähringer, von David Hugentobler

Es war ein lauer Sommerabend. Der Hormonspiegel war auf Hochglanz poliert, die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten Lambada und der Wetterbarometer zeigte auf Sternenhimmel.

Einer dieser Abende also, die ich nicht alleine, sondern in Gesellschaft einer umwerfend schönen Frau verbringen wollte. Einer Göttin in Menschengestalt, die sich den ganzen Abend voll und ganz ihrer Lebensaufgabe widmen sollte: mir pausenlos mit ihrer lieblichen Stimme Superlative über meine Liebhaberqualitäten ins Ohr zu hauchen und sich dabei mit ihren Brü… drrring…drrring…drrrrrrriiiing… Das Telefon klingelte. Statt schöner Worte vernahm ich ein heiseres Gegrunze, das ungebremst auf mein Trommelfell hernieder prasselte. Es war Rainer Kuhn, der mir den Marschbefehl für den Abend durchgab: „Um acht Uhr am Hechtplatz.“

Als erstes begrüsste mich Thomas Meyer, der eine Schnute zog, als ob er heute beim Aufstehen im Spiegel statt in sein Gesicht, in das von Alex Flach gekuckt hätte. Er brauchte dringend eine Aufmunterung. Also lobte ich die gelungene Auswahl seiner Garderobe. Mit Erfolg. Meyer strahlte. Als er dann aber anfing sein Geschlechtsteil an meinem Bein zu reiben, wandte ich mich Midi Gottet zu, der gerade von seinem Velo stieg. Wir hatten uns erst am Sonntagabend das letze Mal gesehen. Ich war Midis Gast bei der vorerst letzten Vorstellung des Mundartmusicals „Ewigi Liebi“, wo er ein schwules Murmeltier spielte. Und das so gut, dass ich ihn gleich zur Begrüssung mit einer Wagenladung Lob überhäufte. Das freute ihn sehr. So sehr, dass auch er begann sein Geschlechtsteil an meinem Bein zu reiben. Ich liess es über mich ergehen, denn schliesslich ist Midi, im Gegensatz zu Meyer, ein Promi.

Am anderen Ende des Hechtplatzes entdeckte ich Rainer Kuhn, der uns mit zwei jungen Bikinimodels im Arm entgegen kam. Auf halben Weg verabschiedete er sich von den Beiden.
(Rainer ist im Grunde genommen ein grosszügiger Mensch, doch seine Groupies teilt er mit niemanden.) Irgendwann, mit einer Verspätung von einer gefühlten Stunde, tauchte dann auch Alex Flach auf. Wir waren also vollzählig. Und weil wir alle Mitleid mit Meyer hatten, der seit einer halben Stunde damit beschäftigt war sich mit einem stumpfen Zahnstocher die Worte „Café Zähringer“ in den linken Unterarm zu ritzen, erfüllten wir ihm seinem Wunsch und liefen Richtung Zähringerplatz.

Im Café Zähringer bestellte dann jeder erstmal was Gesundes: Meyer ein Humus-Sandwich, Rainer einen grünen Salat, Midi und ich Teigtaschen gefüllt mit Mais und Flach einen Apfelsaft mit Vodka.

Es hätte so ein netter Abend werden können, wenn ich anstatt mit diesen vier Neo-Gesundheitsaposteln in Gesellschaft einer umwerfend schönen Frau gewesen wäre. Einer Göttin in Menschengestalt, die sich den ganzen Abend voll und ganz ihrer Lebensaufgabe widmete: mir pausenlos mit ihrer lieblichen Stimme Superlative über meine Liebhaberqualitäten ins Ohr zu hauchen und sich dabei mit ihren Brü…drrring…drrring…drrrrrrriiiing…Meyers Telefon klingelte.

Irgendwie kam ich im Café Zähringer nicht so richtig in Stimmung. Auch nicht, als Meyer sein Telefonat beendete und wieder zurück an den Tisch kam. Ich blieb deshalb den Rest des Abends stumm an meinem Platz sitzen und tat so, als ob ich den Anderen bei ihren Ausschweifungen über Sternzeichen, Darmspieglungen und Randenallergie interessiert zuhörte. Doch in Wahrheit warf ich mich in Gedanken vor die Autos, die vor der Predigerkirche einen Parkplatz suchten. Immer und immer wieder.

Was nun? Hugentobler sucht die Lösung.

Das JA zur Ausschaffungsinitiative ist sicher nicht die souveränste Entscheidung des Schweizer Stimmvolkes. Trotzdem wollen wir hier Mal was richtig stellen: alle Ausländer dürfen auch weiterhin falsch Parkieren, die Steuern zu spät zahlen, an eine Hauswand pinkeln, dem Nachbarn die Kirschen klauen, im Tram Schwarz fahren oder den Freund ihrer Exfreundin ohrfeigen, ohne eine Ausschaffung in ihr Heimatland befürchten zu müssen. Ausser, sie haben zuvor einen Mord oder eine Vergewaltigung begangen.

Das sei unfair, sagen die Linken. Denn Schweizer, die einen Mord oder eine Vergewaltigung begangen haben, werden nicht ausgeschafft. „Uns doch egal“, sagen die Rechten. Ein endloser Streit scheint vorprogrammiert. Doch das muss nicht sein, denn die Schweiz wäre nicht die Schweiz, wenn man nicht gemeinsam eine Lösung finden würde, die zwar nicht alle zufrieden stellt, aber zumindest allen Parteien nicht das Gefühl gibt, als Verlierer vom Platz zu gehen: ein Kompromiss muss her.

Was wäre, wenn man zum Beispiel die Antarktis zur weltweiten Gefängnisinsel umfunktionieren und dorthin alle Schwerverbrecher, in- und ausländische, verbannen würde? Obwohl, bei diesem Gedanken sehe ich bereits die Umweltschützer randalierend durch die Strassen von Bern und Zürich ziehen.

Nächster Versuch: was wäre, wenn man die Todesstrafe wieder einführen würde. Die Frage nach dem Verbleib der Personen nach Verbüssung der Gefängnisstrafe wäre somit zumindest hinfällig, dafür würde sich die Frage nach dem Ort der Bestattung stellen. Wohl auch nicht so clever, denn bei diesem Gedanken sehe ich bereits die Bestattungsunternehmen, die dabei den Kürzeren ziehen, randalierend durch die Strassen von Bern und Zürich ziehen.

Aber jetzt: wenn man die kriminellen Ausländer statt zur Ausreise, zum Anschauen aller Folgen von Faces TV auf Pro 7 zwingen würde. Das wäre doch eine gute Alternative zur Ausschaffung. Wohl auch keine Lösung, denn bei diesem Gedanken sehe ich schon das Stylingexperten-Team von Faces TV, vor Freude über die hohen Einschaltquoten, onanierend durch die Strassen von Bern und Zürich ziehen.

Oder nochmals: wenn man nicht die Antarktis, sondern zum Beispiel Island zur weltweiten Gefängnisinsel umfunktionieren und dorthin alle Schwerverbrecher der Welt, in- und ausländische, verbannen würde? Bad Idea, denn bei diesem Gedanken sehe ich schon Björk randalierend durch die Strassen von Bern und Zürich ziehen.

Letzter Versuch: und was wäre, wenn man alle Gesetze aufheben würde? Somit gäbe es weder kriminelle Ausländer, noch kriminelle Schweizer. Hm, eigentlich nicht schlecht, doch bei diesem Gedanken sehe ich schon alle arbeitslosen Richter und Polizisten randalierend durch …ach leckt mich doch.

Neu: der kult-Schwitzerdütschkurs für die Dütschen - Lektion 1-8

Lektion 1

Heute: „Ich han än Schwarzä ligä gla.“

Hat weder was mit körperlicher Ausscheidung, noch mit der Freizeitbeschäftigung eines Neo-Nazis zu tun, noch ist es etwas, das Vladimir Klitschko sagt, wenn er seiner Frau über seinen Arbeitstag berichtet. „Ich han än Schwarzä ligä gla.“, ist der Ausdruck dafür, wenn man beim Anfahren mit dem Auto oder Motorrad gleichzeitig aufs Gas und auf die Bremse tritt, so die Räder zum Durchdrehen bringt und schlussendlich eine Bremsspur auf dem Boden hinterlässt.

Eigentlich logisch.

Lektion 2

Heute: “Ich schmier dir jetzt dänn grad eis.”

Hier handelt es sich nicht um eine Einladung zu einem spontanen Frühstück, sondern um die Androhung einer Ohrfeige. Wenn man diesen Ausdruck an Sie richtet, dann hat das höchst wahrscheinlich nichts mit Deutschenfeindlichkeit zu tun. Vielleicht sind Sie einfach ein nationalitätenneutrales Arschloch. Aber dann wär der Satz für Sie ja nichts Neues.

Lektion 3

Heute: „En Neger abseilä.“

Hier handelt es sich nicht um eine neue Ausschaffungs-Methode der Zürcher Kantonspolizei für straffällig gewordene Asylbewerber aus Nigeria. Und auch nicht um eine Redewendung aus dem Sprachgebrauch von Schweizer Bergführern, die am Kilimandscharo tätig sind. Es ist lediglich ein politisch unkorrekter Ausdruck für Stuhlgang.

Wenn wir gerade dabei sind:

Liebe Damen aus dem ‚grossen Kanton’, wenn Sie ein Typ „geil winä Morä“ findet, dann ist das kein direkter Vergleich mit Naomi Campbell oder Halle Berry. Aber fast. „Morä“ ist ein Berndeutscher Ausdruck für Sau. Sie dürfen sich also trotzdem über das Kompliment freuen. Sie Luder.

Lektion 4

Heute: “Ich gib där spöter no es Telefon.”

Wenn Ihnen ein Freund sagt: “Ich gib där spöter no es Telefon”, dann ist das kein Zeichen extremer Grosszügigkeit, sondern ein Hinweis auf ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis. Und wenn er Ihnen dann später am Telefon zum Beispiel vom Erwerb einer neuen Ständerlampe erzählt, muss das nicht heissen, dass er kürzlich im Sex Shop war, sondern bei IKEA. Wahrscheinlich.

Wenn wir gerade dabei sind:

Wenn Ihnen ein Freund sagt: “mir funkä no”, dann ist das keine Aufforderung zur gemeinsamen Brandstiftung, sondern nur eine Ankündigung, dass er Ihnen später noch ein Telefon gibt.

Lektion 5

Heute: „eine Stange bitte“

Wenn Sie mal per Zufall an einer Hotelbar Bar stehen, an der Carl Hirschmann gerade eine Stange bestellt, dann müssen Sie nicht wegrennen. Er wird sich wohl nur seinen Durst stillen wollen. Mit einem Glas Bier.

Begegnen Sie Carl Hirschmann aber in einer Hotel-Lobby in Begleitung einer Eisenstange, ist Vorsicht geboten. Denn Eisenstangen können ‚blaui Mösä’ verursachen. Auch bei Männern.

Apropos blaue Flecken, wenn Ihnen ein Freund verrät, dass er Zuhause ein Puff hat, dann freuen Sie sich nicht zu früh. Unangemeldete Besuche nach Mitternacht könnten nicht auf Sympathie stossen. Ausser, Sie helfen Ihrem Freund, die Unordnung in seiner Wohnung aufzuräumen.

Lektion 6

Heute: Bügeln

Wenn Ihre Schweizer Freunde immer am ‘Bügeln’ sind, dann heisst das nicht, dass Schweizer Frauen ihre Männer besser im Griff haben. Ihre Freunde arbeiten einfach viel. Wenn man aber trotzdem mal Zeit hat und Sie zum Fussballabend einlädt und Ihnen voller Vorfreude versichert, dass es sicher ein lustiger Abend werde, weil der Harass voll ist, dann müssen Sie nicht gleich den Tierschutz anrufen. Freuen Sie sich lieber auf einen Abend mit Freunden und einem vollen Kasten Bier.

Und noch was für Frauen: wenn man Sie am Morgen im Bus auf Ihren Rock anspricht und ihn ‘huerä’ schön findet, dann heisst dass nicht, dass der Rock zu kurz ist. Man findet einfach Ihren Kleidungsstil extrem gut. Und auch wenn Ihnen später ein männlicher Arbeitskollege beim gemeinsamen Mittagessen seinen Nachtisch schenkt und Ihnen schmunzelnd verrät, dass er ein ‘Zältli’ in der Hose hat ist das kein Zeichen, dass Sie sich heute zu freizügig präsentieren. Der Kollege wollte Ihnen nur sagen, dass er sich anstelle des Desserts ein Bonbon gönnt.

Lektion 7

Heute: ‚Finken’

Wenn Sie zum Essen eingeladen werden, zudem Sie Ihre eigenen Finken mitnehmen müssen, obwohl es Fleischvögel gibt, dann verkneifen Sie sich jegliche Anspielung auf die die Knauserigkeit Ihrer Freunde. Packen Sie lieber ihre Hausschuhe ein und freuen Sie sich auf ein paar saftige Rindsrouladen.

Wenn Sie dann am Esstisch gebeten werden, sich mal zu kehren, dann hat das nichts mit Ihrer Körperhygiene zu tun. Viel mehr will man Sie auf was aufmerksam machen, das hinter Ihnen stattfindet.

Apropos: wenn Sie jemand auffordert, dass Sie ihm ‚i d’Schue blase’ können, dann hat das nichts mit den tropischen Temperaturen zu tun, die zurzeit bei uns anherrschen. Sie können der Person ganz einfach nur den Buckel runterrutschen.

Lektion 8

Heute: ‚Hahnenwasser’

Keine Panik: wenn Ihre neue Schweizer Freundin Ihnen bei ihr Zuhause ‚Hahnenwasser’ auftischt, dann kommt das nicht aus dem Hühnerstall, sondern aus der Küche. Auch wenn sie ‚Ankä’ aus dem Kühlschrank holt, müssen Sie nicht erschrecken. Statt einer unterkühlten Landsmännin, erwartet Sie ein Stück Butter.

Übrigens: wenn sich die Freundin kurz entschuldigt, weil sie noch schnell den ‚Güsl’ raus bringen muss, dann werfen Sie ihr nicht gleich eine Affäre mit dem türkischen Nachbarn vor. Seien Sie lieber froh, dass sie ihren Abfall noch selber runter bringt.

Wenn Ihre Freundin dann später beim Kuscheln meint, Sie seien ein ‚glattä Cheib’, dann ist das nicht auf Ihren neuen Rasierer mit Dreiklingen-System zurückzuführen. Eher darauf, dass Sie in Schweizerdeutsche Ausdrücke die lustigsten Sachen reininterpretieren.