Es war ein lauer Sommerabend. Der Hormonspiegel war auf Hochglanz poliert, die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten Lambada und der Wetterbarometer zeigte auf Sternenhimmel.
Einer dieser Abende also, die ich nicht alleine, sondern in Gesellschaft einer umwerfend schönen Frau verbringen wollte. Einer Göttin in Menschengestalt, die sich den ganzen Abend voll und ganz ihrer Lebensaufgabe widmen sollte: mir pausenlos mit ihrer lieblichen Stimme Superlative über meine Liebhaberqualitäten ins Ohr zu hauchen und sich dabei mit ihren Brü… drrring…drrring…drrrrrrriiiing… Das Telefon klingelte. Statt schöner Worte vernahm ich ein heiseres Gegrunze, das ungebremst auf mein Trommelfell hernieder prasselte. Es war Rainer Kuhn, der mir den Marschbefehl für den Abend durchgab: „Um acht Uhr am Hechtplatz.“
Als erstes begrüsste mich Thomas Meyer, der eine Schnute zog, als ob er heute beim Aufstehen im Spiegel statt in sein Gesicht, in das von Alex Flach gekuckt hätte. Er brauchte dringend eine Aufmunterung. Also lobte ich die gelungene Auswahl seiner Garderobe. Mit Erfolg. Meyer strahlte. Als er dann aber anfing sein Geschlechtsteil an meinem Bein zu reiben, wandte ich mich Midi Gottet zu, der gerade von seinem Velo stieg. Wir hatten uns erst am Sonntagabend das letze Mal gesehen. Ich war Midis Gast bei der vorerst letzten Vorstellung des Mundartmusicals „Ewigi Liebi“, wo er ein schwules Murmeltier spielte. Und das so gut, dass ich ihn gleich zur Begrüssung mit einer Wagenladung Lob überhäufte. Das freute ihn sehr. So sehr, dass auch er begann sein Geschlechtsteil an meinem Bein zu reiben. Ich liess es über mich ergehen, denn schliesslich ist Midi, im Gegensatz zu Meyer, ein Promi.
Am anderen Ende des Hechtplatzes entdeckte ich Rainer Kuhn, der uns mit zwei jungen Bikinimodels im Arm entgegen kam. Auf halben Weg verabschiedete er sich von den Beiden.
(Rainer ist im Grunde genommen ein grosszügiger Mensch, doch seine Groupies teilt er mit niemanden.) Irgendwann, mit einer Verspätung von einer gefühlten Stunde, tauchte dann auch Alex Flach auf. Wir waren also vollzählig. Und weil wir alle Mitleid mit Meyer hatten, der seit einer halben Stunde damit beschäftigt war sich mit einem stumpfen Zahnstocher die Worte „Café Zähringer“ in den linken Unterarm zu ritzen, erfüllten wir ihm seinem Wunsch und liefen Richtung Zähringerplatz.
Im Café Zähringer bestellte dann jeder erstmal was Gesundes: Meyer ein Humus-Sandwich, Rainer einen grünen Salat, Midi und ich Teigtaschen gefüllt mit Mais und Flach einen Apfelsaft mit Vodka.
Es hätte so ein netter Abend werden können, wenn ich anstatt mit diesen vier Neo-Gesundheitsaposteln in Gesellschaft einer umwerfend schönen Frau gewesen wäre. Einer Göttin in Menschengestalt, die sich den ganzen Abend voll und ganz ihrer Lebensaufgabe widmete: mir pausenlos mit ihrer lieblichen Stimme Superlative über meine Liebhaberqualitäten ins Ohr zu hauchen und sich dabei mit ihren Brü…drrring…drrring…drrrrrrriiiing…Meyers Telefon klingelte.
Irgendwie kam ich im Café Zähringer nicht so richtig in Stimmung. Auch nicht, als Meyer sein Telefonat beendete und wieder zurück an den Tisch kam. Ich blieb deshalb den Rest des Abends stumm an meinem Platz sitzen und tat so, als ob ich den Anderen bei ihren Ausschweifungen über Sternzeichen, Darmspieglungen und Randenallergie interessiert zuhörte. Doch in Wahrheit warf ich mich in Gedanken vor die Autos, die vor der Predigerkirche einen Parkplatz suchten. Immer und immer wieder.